25. September 2014

Der verlorene Schlüssel

Kosten des fiktiven Schließanlagenaustauschs:

Oftmals stehen Mieter und Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses vor dem Problem, dass die zu Beginn des Mietverhältnisses an den Mieter ausgegebenen Wohnungsschlüssel nicht mehr vollständig auffindbar sind. Nicht selten schließen diese Schlüssel nicht nur die an den Mieter vermietete Wohnung, sondern die Schließanlage eines Mehrfamilienhauses.

Die Vermieter können dann grundsätzlich vom Mieter die Kosten ersetzt verlangen, die für den Austausch der gesamten Schließanlage entstehen.

Geht das aber auch dann, wenn der Vermieter auf den Austausch der Schließanlage verzichten möchte und infolgedessen nach Kostenvoranschlag gegenüber dem Mieter abrechnen will?

Dies hat der BGH nun am 05.03.2014 unter Az.: VIII ZR 205/13 entschieden:

Grundsätzlich macht sich der Mieter im Falle eines verlorenen Schlüssels gegenüber dem Vermieter schadensersatzpflichtig, d.h. die Kosten für den Austausch der Schließanlage muss der Mieter ersetzten. Dies ergibt sich aus der aus dem Mietvertrag resultierenden Obhutspflicht des Mieters, die sich selbstverständlich auch auf die ihm übergebenen Schlüssel bezieht und die dann verletzt ist, wenn der Mieter die Schlüssel nicht vollständig an den Vermieter zurückgeben kann.

Der Verlust eines Wohnungsschlüssels einer Schließanlage kann grundsätzlich aus Sicherheitsgründen den Austausch der gesamten Schließanlage erforderlich machen, falls eine missbräuchliche Verwendung des nicht auffindbaren Schlüssels durch Unbefugte zu befürchten ist.

Auch möglich ist im Grundsatz eine fiktive Abrechnung über die Kosten des Austauschs der Schließanlage. Dies, so stellt der BGH fest, allerdings nur dann, wenn auch ein erstattungsfähiger Vermögensschaden entstanden ist.

In seiner Entscheidung lehnt der BGH einen erstattungsfähigen Vermögensschaden aber letztlich ab.

In der mietrechtlichen Literatur und teilweise in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wird hier die Auffassung vertreten, dass der Verlust eines einzelnen, zu der Schließanlage gehörenden Schlüssels zu einem Sachschaden an der Schließanlage führe. Denn die Sachgesamtheit der Schließanlage sei durch den Verlust des Schlüssels und die damit verbundene Missbrauchsgefahr in ihrer Funktion beeinträchtigt. Der Vermieter könne daher deshalb seinen Schaden abstrakt nach Kostenvoranschlag berechnen und fiktiv diese Kosten des Austauschs vom Mieter verlangen.

Der BGH folgt dieser Auffassung nicht und vertritt die Auffassung, dass eine Sache nur dann beschädigt ist, wenn die Sachsubstanz verletzt ist. Ein verlorener Schlüssel führt aber nicht zu einer Beeinträchtigung der Sachsubstanz der Schließanlage.

Allein die Tatsache, dass sich Dritte mit dem verlorenen Schlüssel unbefugten Zutritt zum Gebäude verschaffen können, ist keine unmittelbare Folge des Substanzeingriffs. Dies zeigt sich daran, dass diese Beeinträchtigung nicht schon allein durch einen neu angefertigten Schlüssel beseitigt werden könnte.

Der Verlust eines nachlieferbaren Schlüssels stellt keinen Eingriff in die Sachsubstanz der Schließanlage dar. Die Mietsache erleidet durch den Verlust keine Wertminderung. Solange die Anlage nicht ausgetauscht und erneuert wird, besteht auch kein Schaden, denn allein die Sorge über einen Missbrauch stellt keinen kommerzialisierbaren Schaden dar.

Daher stellt der BGH fest, dass das rein abstrakte Gefährdungspotenzial regelmäßig keinen erstattungsfähigen Vermögensschaden darstellt. Ein ersatzfähiger Schaden entsteht erst dann, wenn sich der Vermieter als Geschädigter aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen darf, die Schließanlage zu ersetzten, und diesen Austausch auch tatsächlich vornimmt. Erst dann hat sich das Gefährdungspotenzial in einer Vermögenseinbuße realisiert.

vgl. hierzu BGH, Urteil vom 05.03.2014, Az.: VIII ZR 205/13, vorausgegangen LG Heidelberg